"Ich möchte nichts anderes machen."

Er liefert aus, packt dort an wo es ihn braucht – und ist fester Bestandteil des Teams im Blumenladen von Terra Vecchia. Im Interview erzählt Sascha Werren, wie er zu seinem angepassten Arbeitsplatz bei Terra Vecchia kam, was ihm daran gefällt und warum Tanzen für ihn genauso wichtig ist wie der richtige Lieferzeitpunkt.

von Rea Wittwer

Interview Sascha Werren
"Ich möchte nichts anderes machen."
"Ich möchte nichts anderes machen."

Sascha, wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir aus?
Am Montag starte ich um 8 Uhr, an anderen Tagen etwas später. Ich hole im Blumenladen die Bestellungen ab und bringe sie zu den Kund:innen. Manchmal kommen auch andere Lieferungen oder Fahrten hinzu, das mag ich.
Später fahre ich an den Brüggliweg und verteile die Post. Danach hole ich das Mittagessen ab, welches auch am Brüggliweg in der Gastronomie gekocht wird und liefere es an die Mitarbeitenden unserer Produktionsbetriebe aus – also nach Tägertschi in die Schreinerei und nach Kehrsatz in die Schlosserei. Dieser Zusatzjob ist mir wichtig und ich erledige das sehr zuverlässig. Danach ist mein Arbeitstag auch schon bald vorbei. Ich arbeite 50 Prozent, das ist grad gut für mich.

Wie bist du zu diesem angepassten Arbeitsplatz (siehe Box weiter unten) bei Terra Vecchia gekommen?
Früher wollte ich unbedingt Landschaftsgärtner werden, aber die Anlehre dazu gab es damals noch nicht. Ich habe dann eine Bauernlehre gemacht. Besonders schön fand ich das Holzen im Wald. Später war ich im Bereich Gemüselieferungen tätig. Vor zehn Jahren kam ich über die IV zu Terra Vecchia und bin bis heute sehr wohl hier.


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«Mit Schnittblumen kann ich weniger gut – da putze ich lieber das Auto.»

Sascha Werren

Was gefällt dir besonders an deiner Arbeit?
Ich mag die Abwechslung und den Kontakt zu den Kund:innen und meinen Arbeitskolleg:innen. Ich packe dort an wo es mich braucht, bin flexibel und zuverlässig. Das war ich eigentlich schon immer. Nur mit Schnittblumen kann ich weniger gut – da putze ich lieber das Auto.
Manchmal finde ich eine Adresse nicht sofort, aber dann rufe ich kurz im Blumenladen an. Sowas bringt mich nicht aus der Ruhe. Wichtig ist mir einfach, dass das Essen rechtzeitig bei den Mitarbeitenden ankommt.

Was hat sich für dich in diesen zehn Jahren verändert?
Ich bin ruhiger geworden, erfahrener. Früher kämpfte ich oft mit Kritik, reagierte hypersensibel und habe vieles persönlich genommen. Das ist heute anders, auch dank meinen Arbeitskolleg:innen und meinem Umfeld hier. Ich denke, ich bin sozialer geworden.

Wie erlebst du dein Team im Blumenladen?
Wir sind acht Leute inklusive Lernenden, und die Stimmung ist richtig gut. Sie sagen mir manchmal: «Du darfst nicht in die Ferien», natürlich ist das nur Spass. Aber sie wissen halt, was ich alles mache. Wir schätzen einander sehr, das ist viel wert.

Und wie erlebst du die Stiftung Terra Vecchia?
Ich finde, sie gehen mit der Zeit und entwickeln sich immer weiter. Ich war von Anfang an froh, hier gelandet zu sein und bin dankbar für alles, was ich erreichen konnte.

Gibt es etwas, das du gerne ausprobieren möchtest?
Ich tanze leidenschaftlich gerne, Discofox zum Beispiel. Jetzt mache ich bald einen Workshop für lateinamerikanische Tänze: Bachata, Cha-Cha-Cha, ich mag es, neue Projekte anzupacken. Nach meiner Scheidung habe ich dank der App Spontact neue Kontakte geknüpft und gehe wieder ins Kino oder an die Fasnacht... Aber ja, ich muss meine Energie schon auch einteilen. Am Sonntag bin ich manchmal froh, wenn nichts los ist.

Hast du Wünsche für deine Zukunft?
Ich hoffe einfach, dass ich noch möglichst lange hier arbeiten kann. Ich bin zufrieden und möchte nichts anderes machen.

Was würdest du einer Person sagen, die sich unsicher ist, ob sie wieder arbeiten kann?
Einfach ausprobieren, ans Gespräch gehen, keine Angst haben und vor allem sich selbst bleiben. Ich habe damals einfach mal geschnuppert, das ist gut gekommen.

Angepasste Arbeitsplätze

Menschen mit einer IV-Rente können oft nicht (mehr) im ersten Arbeitsmarkt bestehen – sei es aufgrund einer psychischen, körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht arbeiten können: In einem geschützten Rahmen, mit angepasstem Pensum und passenden Aufgaben, leisten sie einen wichtigen Beitrag.
In der Stiftung Terra Vecchia arbeiten derzeit 48 Personen in einem sogenannten angepassten Arbeitsplatz. Viele von ihnen sind schon seit Jahren dabei und unterstützen die Fachteams verlässlich und engagiert – oft so selbstverständlich, dass der Unterschied kaum auffällt.